Hirscheneck

Kongress: Selbstverwaltung
Samstag 4. und Sonntag 5. April 2009

Programm Sonntag 5. April

10.00 Uhr Saal 1

Macht, Hierarchie & Autorität - ein Versuch zur Begriffsklärung

Ein Inputreferat von Gabriel Kuhn

Arbeiten ohne Chefin und Hierarchien ist wohl Anspruch fast aller selbstverwalteten Projekte - doch und gerade deshalb findet sich kaum ein Projekt, welches ohne Auseinandersetzung um die Begriffe Macht, Hierarchie und Autorität auskommt. Ausgehend von den Ansätzen poststrukturalistischer DenkerInnen zu diesem Thema wie Michel Foucault, Gilles Deleuze und Félix Guattari sollen in diesem Input verschiedene Blickwinkel und Aspekte auf dieses Thema eröffnet und - wenn möglich - ein emanzipatorischer Umgang angestossen werden.

11.30 Uhr Saal 2

«Neustart Schweiz» - die Zukunft der Gesellschaft gestalten - jetzt!

Seminar mit PM - Autor von bolo’bolo und subcoma

Nach einer Welt ohne Geld (bolo’bolo), einer Welt mit Amberland (AMBERLAND - Ein Reiseführer), einer Welt ohne Schweiz (Olten - alles aussteigen) und einer gerechten Welt bei minimalem Kapitalismus und ebensolchem Energieverbrauch (Subcoma – ein hilfreiches Haushaltsbuch für ein Leben nach der Wirtschaft) hat der Weltenerfinder PM seine Visionen zu einem konkreten Entwurf verdichtet:

  • Kooperative Nachbarschaften sind die neuen Haushalte, die dank ihrer Infrastruktur eine bessere Ausnutzung von Ressourcen erlauben: teilen statt besitzen. Sie sind zudem effiziente Partner für eine Lebensmittelversorgung, die ohne Grossverteiler und Shoppingcenter auskommt und auf der direkten Zusammenarbeit mit Bauernhöfen der Umgebung basiert.
  • Die Vereinfachung der Verwaltungsstrukturen bedeutet den Umbau zu nur noch etwa fünfhundert Basisgemeinden, sieben Regionen und einer schlanken Zentralverwaltung für alle landesweiten Belange.
  • Akademische Bildung, das heisst, umfassende Allgemeinbildung mit anschliessender Berufsausbildung auf höchst möglicher Stufe für alle, ist notwendig, weil nur eine Gesellschaft, die auf absoluter Chancengleichheit aufgebaut ist, überhaupt gemeinsam handlungsfähig ist und nicht wieder in Sondergruppen zerfällt.

Wenn die Lebenskosten sinken, können auch Löhne ohne Wohlstandseinbusse gesenkt werden. Mit den daraus resultierenden Gewinnen können Medikamente verbilligt, Hilfsaktionen finanziert und langfristige Entwicklungsprojekte angepackt werden.
Mit der Bildung von «Neustart-Punkten», an denen sich Interessierte an einem «Jour fixe» treffen und zu gesellschaftlich aktiven Netzen verweben und mit jenen Massnahmen beginnen, die auch ohne Politik umgesetzt werden können, liesse sich vielleicht eine Entwicklung hin zu jener selbstverwalteten und selbstversorgten Gesellschaft einleiten. «Das Organisationsmodell ist also nicht eine hierarchische Parteistruktur, sondern eher eine Epidemie, die von Ansteckungspunkten ausgeht und zu einem veränderten gesellschaftlichen Zustand führt. Ob dies funktioniert, hängt davon ab, wie ansteckend der «Virus» wirklich ist.»

«Neustart Schweiz» enthält alle möglichen und unmöglichen Rezepte und Ingredienzien, die für die Konstruktion einer anderen Zukunft gebraucht werden können, auch ein Kochrezept ist dabei. Jetzt ist die Phantasie der SeminarteilnehmerInnen gefragt, um den «Neustart» zum Leben zu erwecken.

13.30 Uhr Saal 1

Strike-Bike – Fahrradproduktion in besetzter Fabrik

Bericht von Sonja Löser (FAU-Hamburg)

Im Sommer 2007 erfahren die 135 ArbeiterInnen des Fahrradwerks „Bike-Systems“ im Thüringischen Nordhausen, dass ihr Betrieb geschlossen und abgewickelt werden soll. Für die Einhaltung eines Sozialplans sei kein Geld mehr da, die Belegschaft solle nach hause gehen. Statt den Wünschen der Geschäftsführung nach zu kommen, besetzen die ArbeiterInnen ihre Fabrik und halten von da an eine durchgängige Betriebsversammlung ab.

Das ist für deutsche Verhältnisse schon eine recht starke Arbeitskampfmassnahme und sorgt für regionale Presse sowie rege Internetdiskussionen.

Ihr nächster Schritt ist noch viel gewagter und führt prompt zu einem kaum zu bewältigenden Presserummel. In der besetzten Fabrik soll in Selbstverwaltung wieder ein Fahrrad gebaut werden: Das Strike-Bike.

In diesem Bericht wird (von einer, die dabei war) geschildert:

  • wie die Idee zum Strike-Bike entstanden ist
  • wie die Zusammenarbeit zwischen BesetzerInnen, FAU, Café Libertad, IGM während der Kampagne gelaufen ist
  • wie die praktische Umsetzung ausgesehen hat
  • was inzwischen aus den Rädern und den BesetzerInnen geworden ist
  • was gut gelaufen ist
  • was wir (als FAU) beim nächsten Mal anders machen würden

Den BesucherInnen dieser Veranstaltung soll ein Bild von den persönlichen und politischen Erfahrungen vermittelt werden, die für die verschiedenen Beteiligten in dieser Zeit entstanden sind.

15.00 Uhr Saal 2

KfD - Die Kunst des Scheiterns

Input und Workshop mit Jochen (FAU Hamburg)

Es gibt mehr Kollektivbetriebe, als man denkt. Und es gibt viele Betriebe, die mal ein Kollektivbetrieb waren, sich aber inzwischen - sei es still und heimlich, oder mit einem lauten Knall - von Basisdemokratie und Selbstverwaltung im Betrieb verabschiedet haben.

Was ist das Geheimnis funktionierender Kollektive? Und woran sind die anderen gescheitert? Was muss frau/man beachten und wissen, um einen Kollektivbetrieb zu gründen? Zu diesen Fragen findet man nicht viel Literatur, aber es gibt eine Menge Menschen mit viel Erfahrung, wichtigen Einsichten und reichhaltigem Detailwissen zum Thema 'Arbeiten im Kollektiv'.

KfD ('Kollektivbetrieb für Dummies') will diese Schätze heben. Anhand eines Leitfadens führen wir Interviews durch mit Menschen, die in Kollektiven arbeiten oder gearbeitet haben. Auf einer interaktiven Web-Site tragen wir die Ergebnisse zusammen und versuchen sie auszuwerten und zu verallgemeinern.

Nach einem kurzen Überblick über die Grundideen, die bisherige Arbeit und die Perspektiven des Projekts, wollen wir zusammen mit euch in Arbeitsgruppen Erfahrungen mit kollektivem Arbeiten zusammentragen und reflektieren. Mal sehen, vielleicht heben wir gemeinsam ja noch den ein oder anderen Schatz...

16.30 Uhr Saal 1

Mondragon - ein Weltkonzern in Selbstverwaltung

Reisebericht und Diskussion mit Claudia Studer und Hans-Georg Heimann vom Netz Soziale Ökonomie Basel

Was bedeuten Millionenumsätze und globales Wirtschaften für einen Konzern, der sich im Besitz seiner ArbeiterInnen befindet und von ihnen selbst verwaltet wird? Mit vielen Fragen, Kamera und Mikrofon machte sich 2002 eine kleine Reisegruppe aus Basel ins Baskenland auf - zu den Genossenschaftsbetrieben von Mondragon. Nach dem filmischen Reisebericht können die verschiedenen Aspekte anschliessend diskutiert werden.

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